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8. August, KTP
Das Frühstück wäre nett gewesen – wenn es nicht so kalt gewesen wäre! Die Nachbarn sind lange weg, während wir uns noch mühen, alles wieder ins Auto zu laden. Kurz nach 9 Uhr kann ich auschecken gehen. Alles ist verstaut und es kann losgehen. Hinten am Auto riecht es allerdings immer noch nach Diesel. Bei der abschließenden Kontrollrunde ums Auto finde ich zwar nicht den Grund für den Dieselgeruch, aber dafür hat der Reifen hinten links deutlich zu wenig Luft!
Fast platt, der Reifen hinten links
Ein kaputter Reifen ist ja an sich kein Problem, wir haben zwei Ersatzräder mit. Gibt’s dann noch einen Platten, ist es aber vorbei mit den Reserven. Man ist also gut beraten, sich umgehend nach einer Reparatur für jeden Reifendefekt umzusehen. Dazu sind wir derzeit aber an einer echt ungünstigen Stelle. Allein die nächsten Tankstellen und Kompressoren sind recht weit weg. Reifenwechsel im Nationalpark ist dagegen ein ganz spannendes Kapitel! Eigentlich darf man ja das Auto nicht verlassen und wenn man so zusammengekauert am Rad fummelt, passt man auch wunderbar ins Beuteschema der nichtmotorisierten Parkbewohner. Besonders prickelnd ist das, wenn hohes Gras oder Buschwerk bis direkt an den Straßenrand reicht. Dann kann der Löwe einem praktisch auf dem Schoß sitzen und man bemerkt es nicht rechtzeitig. Alles in allem ist so ein Reifenproblem also schon mal ein Ding zum leicht unruhig werden. Das war mir inzwischen auch ganz gut (und natürlich viel mehr als eigentlich angebracht) gelungen!
Mein erster Gedanke: Kompressor raus, messen und aufpumpen. Der Kompressor befindet sich in einer zerschlissenen Tasche überm Mitteltunnel zwischen Vorder- und Rücksitzen. Soweit habe ich mir das aus der Fahrzeugeinweisung gemerkt. Die Tasche ist in einem erbarmungswürdigen Zustand, aber das muss ja nicht für die Technik darin gelten. Zuerst fällt mir der Schlauch in die Hände. Das Manometer ist ganz offensichtlich kaputt. Damit entfällt schon mal der Teil ‚messen‘. Inzwischen hatte ich den Kompressor selbst auch aus der Tasche heraus. Der knall gelbe Schlauch sah zwar noch gut aus, der Anschluss wollte aber nach meinem Verständnis keinesfalls zum Anschluss am Kompressor passen. Jetzt war es mit der Ruhe endgültig vorbei! Die Rettung des leicht entnervten Europäers wurde der Parkmitarbeiter. Eigentlich auf dem Weg zur Reinigung der Unterkünfte, stöpselte er kompromisslos und beherzt Schlauch und Kompressor zusammen. Mit einem satten Klick rastete die Kupplung ein – ob ich mir das vorher nun so vorgestellt hatte oder nicht! Mein Sohn amüsierte sich köstlich darüber, wenn auch sicherheitshalber leise und mit etwas Sicherheitsabstand ;-). Derart debütiert überließ ich unsere Rettung lieber weiter dem großen schwarzen Jäger. Am Ende hatten wir nicht nur ein aufgepumptes Rad, sondern auch noch sicherheitshalber dieses gegen das Reserverad unterm Heck gewechselt und mir war nichts zu tun geblieben, als zuzusehen und ein paar Radbolzen zu halten. Letztlich wollte er noch nicht mal ein Trinkgeld dafür sondern verabschiedete sich schnell und entschlossen zu seinem, durch uns deutlich in Verzug geratenen, Reinigungsjob. Über diesen freundlichen Service war ich schon sehr angetan!
Kurz vor 10 Uhr sind wir abfahrtbereit und machen uns auf den Weg durch den Park nach Nossob. In Nossob, da war sich das Internet sicher, gibt’s Löwen, mit Garantie! Die Strecke selbst ist aber eine Enttäuschung.
Die Kalahari, durch die wir fahren, um vom einen Revier ins andere zu kommen, ist öde, langweilig, unfotogen und absolut nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe, sondern nur eine hüglige Steppe. Selbst die paar Oryxe, die müde am Straßenrand entlang ziehen, können da nichts mehr retten. Das letzte Stück, wenn man wieder dem Revier folgt, ist wieder schöner. Insgeheim zweifle ich daran, ob dieser Urlaub ein Erfolg wird. Waren die Erwartungen einfach zu hoch? Sollte alles einfach viel zu perfekt sein? Hatte ich viel zu viel begeisterten Beschreibungen aus dem Internet geglaubt? Um noch eins drauf zu setzen, ist die Einfahrt nach Nossob durch die Elektrozäune und das Camp selbst eher deprimierend.
Staubig, unattraktiv und so ganz anders als die Camps in Etosha, nicht mal ein Wasserloch entdecken wir auf Anhieb. Was ich dafür entdecke, nach dem wir an der Tankstelle noch einmal die Luft in allen Reifen geprüft haben, ist eine feuchte Stelle am Zusatztank! Die Kante des Tanks ist ölig! Diesel! Sch…! Panik? Das ist nun nicht die Art von Nachricht, die ich gebraucht habe, um von meinen Zweifeln weg zu kommen!
Undichter Zusatztank
Der Zusatztank, unter dem das Reserverad hängt, ist undicht. Daher stammte also auch der Dieselgeruch. Beim Wechseln des Rades und jetzt noch einmal beim Luftprüfen habe ich das Reserverad bewegt und damit auch den Tank. Zieht man das Reserverad richtig fest, läuft der Diesel so, dass sich schnell Tropfen bilden. Die undichte Stelle ist irgendwo hinter der Aufhängung und der Diesel rinnt am Gestänge und am Tank entlang und tropft knapp am Auspuff vorbei. Das Rad zu locker lassen geht aber auch nicht, dann schwingt es und reißt beim Bremsen oder Beschleunigen noch mehr am Tank. Und das muss natürlich hier draußen am hinterletzten Ende passieren. Nach einem kurzen Verzweiflungsschub (so etwas passiert bei Problemen in der ersten Tagen des Urlaubs schon mal, man hat dann noch zu europäische Verhältnisse) resümieren wir die Lage mal nüchtern. Sobald der Zusatztank leer ist, kann da auch nichts mehr auslaufen und mit dem normalen Tank kommen wir auch hin. Der Reifen (jetzt Reserve) hatte in Nossob noch Luft, ist also eher ein schleichender Plattfuß, darum können wir uns also später in Keetmanshop oder Aus kümmern. Bei näherer Betrachtung ist mir als Schaden ein klaffender Schnitt in der Reifenwand aufgefallen, noch nicht bedrohlich, aber so tief, dass der Reifen beim Walken dort möglicherweise Luft verliert. Das wäre natürlich blöd, weil es de facto ein Totalschaden wäre. Ich gehe davon aus, dass nur die Laufflächen geflickt werden, nicht aber die Seiten eines Reifens.
Mal abgesehen vom etwas trostlosen ersten Eindruck ist die Unterkunft einfach, aber sauber und nett. Am Nachmittag fahren wir noch einmal raus zum nächsten Wasserloch.
Dort gibt es ein paar Oryxe, in der Ferne einige Gnus und später noch Impalas, die aber nicht bis ans Wasserloch kommen wollen. Für mehr Unterhaltung sorgt der Vogelschwarm, der ständig zwischen Wasserloch und nächstem Baum hin und her schwärmt und dabei immer neue Anflugmanöver auf die Einfassung des Wasserlochs zeigt.
Zurück im Camp besuchen wir den Beobachtungsunterstand des Camps (den haben wir bei unserer Ankunft glatt übersehen). Dort sind allerdings mehr Menschen als Tiere davor.
Beim Kochen fliegt erst mal die Sicherung raus und wir hocken im Dunkeln. Der Sicherungskasten ist schnell gefunden, aber alle Schalter stehen auf ON. So weiß ich mir auch nicht anders zu helfen, als zur Rezeption zu gehen. Der Mann von der Rezeption löst das dann völlig unspektakulär, alles auf Aus und nun so lange alles hin und her, bis der Strom wieder da ist. Das scheint heute wirklich nicht mein Tag zu sein! Ein kurzer Abendspaziergang führt mich zu dem immer noch tierlosen Wasserloch. Da ich keine Lust habe, ersatzweise nur die Rotweintrinker neben mir zu beobachten, stapfe ich wieder zurück.
Den zurück eroberten und nur noch bis 21:45 Uhr vorhandenen Strom nutze ich ausgiebig, um alles Elektrische aufzuladen. Für die Nacht packen wir uns wieder dick ein, es scheint aber, als sei die Kältefront durchgezogen. Schon am Abend deutet sich an, dass es nicht mehr so kalt wird.
9. August
Um 5:45 Uhr weckt uns der wiederkehrende Strom im Haus mit dem laut anspringenden Kühlschrank und dem Zimmerlicht. Als später der Wecker fiept und ich ins Bad gehe, geht gerade die Sonne auf. So schultere ich die Fotoausrüstung und gehe noch einmal zum Unterstand. Das gute Licht ist allerdings schon fast vorbei und die wenigen Springböcke, die zum Wasserloch kommen, können auch nichts mehr retten.
Schakale am Wasserloch
Wir frühstücken spartanisch. Mit der Grillzange wedelnd über der Gasflamme des Kochers toaste ich ein paar Scheiben Weißbrot.
Das Verladen klappt inzwischen schon recht routiniert und so stehen wir schon kurz vor 9 Uhr an der Rezeption, um uns abzumelden. Im Laden kaufen wir noch etwas Fleisch, Bratwürste und Feuerholz.
Die Fahrt nach Süden Richtung Twee Revieren ist landschaftlich nicht gesegnet an Höhepunkten, allerdings natürlich auch keineswegs hässlich. Es zieht sich jedoch alles in die Länge. Ein paarmal umkurven wir die Grenzsteine zwischen Botswana und der RSA – wir kommen also ganz schön rum im Süden Afrikas :-D. Außer Oryxen und Springböcken gibt es kaum Wild an der Strecke. Am Abzweig nach Kieliekrankie sind schon von weitem etliche Autos zu sehen, davon eines mit geöffneter Motorhaube. Die Hauptattraktion aber liegt im Gras – 6 LÖWEN.
Netterweise liegen drei davon auch noch dicht am Straßenrand und für uns gibt es noch einen freien, fotofreundlichen Stellplatz. Die Weibchen liegen auf der gegenüberliegenden Seite weiter ab von der Straße gelangweilt unter einem Baum. Die Männchen rechts von uns geben sich doch ein wenig fotogener. An einem frisch gerissenen Schakal entwickeln sie keinen richtigen Appetit.
Mit dem Essen spielt man nicht?!
Löwenposten
An dem Auto mit der offenen Motorhaube wird jetzt versucht, etwas zu reparieren. Dazu fummeln die Herren, in den Motorraum gebeugt, am Fahrzeug. Die Dame steht als Löwenposten in der Beifahrertür. Ich bin mir nicht sicher, wer schneller wäre, sie mit ihrer Warnung oder die Löwen mit ihrem Sprint. Höchstens 40 Meter trennen die Jäger vom potenziellen Futter. Und zumindest die beiden Herren geben schon eine fette, pardon, lohnende Beute ab.
Aufmerksame Beobachter – keine 40 m weiter
Ich denke, ich hätte mit meinem Reparaturversuch unter diesen Umständen ein wenig gewartet. Als einer der Löwen dicht an unserem Auto vorbei läuft, schließe ich dann auch lieber das Fenster. Ich bin mir nicht sicher, wie einladend wir hier im Futterregal sitzen, aus seiner Sicht 😉
Es ist faszinierend, die Löwen so aus der Nähe beobachten zu können! Wir scheinen sie jedoch nicht ganz so zu faszinieren, nach einiger Zeit marschieren sie gemeinsam den Hang hinauf zurück in die Kalahari. Auch wir setzen jetzt unseren Weg fort, aus dem Flusstal hinaus in Richtung Kieliekranki. Die Landschaft ändert sich dramatisch, sobald wir das Tal verlassen. Statt der Kalahari, so wie man sie sich vorstellt, mit ihren parallelen niedrigen Dünen, breitet sich ein endloses unregelmäßiges Hügelmeer vor uns aus. Kaum vorstellbar, wie man sich hier als Fußgänger orientieren sollte. Abwechslungsreich kurvt die Straße durch die Hügel bis zum Abzweig zum Camp. Von der Zugangsseite sehen die 4 Chalets schon nett aus. Außer uns ist nur noch ein PKW hier. Den Host finde ich in seiner Hütte. Wir plaudern ein wenig, wobei er mir versichert, hier wäre es immer ein wenig wärmer als in Urikaruus. Das lässt uns mal auf einen milden Abend hoffen. Die Unterkünfte sind phänomenal gelegen, vom Balkon mit Feuerstelle öffnet sich ein atemberaubender Blick auf das endlose Hügelmeer der Kalahari. Ich denke, das hier gehört sicher zu den 10 schönsten Übernachtungsplätzen der Welt 😉 Allerdings ist es recht stürmisch, wobei wir uns fragen, ob der Sturm wärmere Luft oder die nächste Kaltfront mitbringen wird.
Der Tank ist immer noch feucht vom Diesel. Damit finde ich noch keine rechte Ruhe. Ich drehe den Hilux so, dass er nicht noch mit dem Tank bergab steht. Wir unterhalten uns noch einmal kurz darüber, dann entscheide ich mich, alle Sorgen mal beiseite zu schieben.
Am Nachmittag genießen wir die Ruhe auf der Terrasse, trinken Tee und essen Bisquit. Dabei krümelt es natürlich mehr oder weniger unvermeidlich. Dadurch angelockt, sammeln sich einige Vögel, die bisweilen auch recht dreist auf sich aufmerksam machen. Besonders einer mit nur noch einem intakten Bein – gewissermaßen der Long-John-Silver unter den Vögeln 😉
In der Küche findet sich auch noch ein kleiner Mitbewohner. Dabei hatte der Camphost extra noch gewarnt, wir sollen immer gleich die Türen schließen, wegen der Tiere 😀
Nach einer kurzen Diskussion, auf wessen Balkon wir nun grillen wollen, beim Sohn oder bei den Eltern, entscheiden wir uns für die elterliche Terrasse.
Die Sonne geht unspektakulär unter an diesem Abend, aber der Blick in die Weite ist großartig! Wir grillen das Fleisch aus Nossob und eines der Stücke ist richtig gut. Dazu gibt es Folienkartoffeln.
Der Abend ist sehr schön, zumal nach Sonnenuntergang auch der Wind einschläft und es recht mild bleibt.
Kieliekrankie Wildernes Camp: mehr Infomtationen