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17. August
Ich habe gut geschlafen. Der Wind heulte zwar die ganze Nacht, aber wir stehen zwischen den Bäumen sehr gut geschützt und die Abspannungen haben sich bewährt. (10 Meter Reepschnur aus dem Kletterfundus mit einem Figure-nine-Carabiner zum spannen). Es war sogar relativ warm, so warm, dass ich Socken und dicken Pullover während der Nacht auszog. Dafür ist es früh kühl, sehr windig und die Sonne hat wenig Kraft. Wir frühstücken gemütlich (mit den Stühlen der Sonne hinterherziehend), aber es dürfte auch gern etwas wärmer sein! Erstaunlich zeitig kommt ein Farmarbeiter und räumt auf der Campsite auf. Davon ein wenig getrieben 😉 rollen wir auch bald nach Norden in Richtung Büllsport.
Wir finden eine kleine „Handelsstation“ mit winzigem, aber gut sortiertem Laden. So gut, das wir sogar eine neue Kartusche für unsere Gaslampe bekommen (die blaue, die anderen gibt’s ja überall). Das Kudufleisch aus der Kühltruhe entpuppt sich leider später als Würstchen. Die weitere Strecke ist sehr schön wenn auch etwas lästig wellig,. So dass man immer Obacht geben muss, ob die nächsten Senke gängig ist oder tiefere Gräben darin lauern. Einige Wasserdurchfahrten überraschen uns, auch damit hatte ich um diese Jahreszeit eigentlich nicht mehr gerechnet. Da eine oder zwei recht tief scheinen und schlammig, schalte ich lieber in die Untersetzung. Das Wasser spritzt übers Auto und ich ärgere mich, heute noch keine Fotos gemacht zu haben! Das ist wohl ohnehin der Nachteil durchgeplanter Tagesetappen, es bleibt (und man nimmt sich) zu wenig Zeit für die herrlichen Kleinigkeiten am Wege. Später ärgert man sich jahrelang. Oder freut sich, weil grad hier, völlig unvorhergesehen einige der schönsten Fotos entstanden sind.
Zunächst aber rächt sich mal der Keilriemen für die unsanfte Behandlung und jault und quietscht von der Feuchtigkeit. Wir sehen eine Buschschweinfamilie. Die Schweine besitzen jedoch keinen Anstand und warten nicht, bis wir sie auf dem Foto haben – die Schweine. Einige Male lungern Paviane am Straßenrand. Ab dem Abzweig zum Spreetshoogte wird die Landschaft zunehmend öde. Unser Ziel ist die Farm Isabis, auf der wir einen 4×4-Trail fahren wollen. Daher auch die Eile, schließlich müssen wir noch den halben Trail schaffen bis zum Camp in der Mitte der Tour. So weit jedenfalls der Plan. Die Farm ist offen, aber es scheint niemand da zu sein. Ich rufe nach einer Weile mal die an einem Aushang angegebene Telefonnummer an (blöderweise wieder vom teuren Handy, statt mit dem Satellitentelefon). Der Farmer entschuldigt sich, uns vergessen zu haben, erklärt uns die Zufahrt und die Zahlungsmodalitäten (Schwarzen Mann suchen, Geld zureichen 😉 und bittet uns, das obere Camp (Klipdam) zu nutzen, das untere sei von der letzten Überflutung noch beschädigt. Das wirft natürlich Fragen gegenüber unserer bisherigen Planung auf. Zunächst mal aber tragen wir uns auf der Login-Kladde ein und nehmen uns … keine Streckenkarte, die sind nämlich alle. Da das Glück im Allgemeinen den bevorzugt, der vorbereitet ist, habe ich irgendwo in der Tiefe meiner Reiseunterlagen aber einen Ausdruck aus dem Netz. Wir wollen erst mal ins Camp und dann heute die komplette Runde fahren, es ist ja erst Mittag. Hinter dem Farmtor rechts weg, lautete die Wegbeschreibung. Rechts weg kein Problem, das hinter dem Tor scheitert aber zunächst am störrischen Gaul, der davor steht.
Ein alter Schimmel hat sich quer vor das Tor gestellt und ist nicht wirklich bereit, kampflos seine Stellung aufzugeben. Meine Erfahrungen mit Pferden sind ja sehr begrenzt. Das Tier jedenfalls zeigt sich wenig einsichtig. Als ich es von vorn tätschelnd zur Seite schiebe, macht es einen ungeschickten Schritt und uns fällt die fehlgestellte Hinterhand auf. Jetzt hagelt es Proteste der Familie, ich könne doch das arme Pferd nicht umschubsen. Derart im Konflikt zwischen Gaul, Tor und Familienfrieden ist es ein harter, sanfter Kampf bis die Durchfahrt endlich frei ist. Zwischendurch will meine Frau, Tränen lachend wissen, wo denn hier die versteckte Kamera wäre J.
Die Fahrt zum Camp ist viel weiter als gedacht und nach einigem Hin und Her haben wir dann auch bemerkt, dass dies schon Teil des Trails ist. Kurz vorm Camp ist noch mal ein Tor zu öffnen, statt des Pferdes stehen hier einige Rinder umher. So kann ich mich mit passenden Kommentaren für das Lästern beim Kampf mit dem Pferd revanchieren.
Es ist schon gegen 3 Uhr, als wir nun endlich in unserem Trail weiterkommen. Wir fahren jetzt gegen den Uhrzeigersinn (und damit verkehrt herum?). Am Anfang ist die Strecke noch harmlos, führt durch die Hügel und eröffnet ein paar hübsche Ausblicke. Ich schicke meinen Sohn ein Stück vor zum Fotografieren. Bald aber wird es steiler, schräger und die Steine im Weg größer. Als dann die Seitenneigung (natürlich in Richtung Abhang) unangenehm wird, geht mir der durch die Dachzelte höher liegende Schwerpunkt durch den Kopf. Die Mitfahrer verlieren schnell die Begeisterung. Das war wohl doch eine Nummer zu exponiert für uns. Nach einer Weile haben alle die Lust verloren und wir kämpfen uns nur noch durch, in der Hoffnung, uns nicht auch noch irgendwelche Schäden am Fahrzeug einzuhandeln. Bei einer kräftigen Steigung verpassen wir einen Abzweig und landen auf einer Hügelkuppe neben einem Wassertank. Die Spuren führen noch ein Stück weiter und ich kämpfe mich den immer schmaleren Grad entlang, komisch, nur eine Radspur ist noch zu sehen. Fast schon zu spät bekomme ich mit, das hier nur noch ein dünner Trampelpfad verläuft und deshalb die zweite Reifenspur fehlt. Wenden ist hier oben nicht und so geht’s mühsam rückwärts bis zum Tank zurück. Die verpasste Abzweigung ist jetzt von oben kommend mit Gefälle auch schlecht zu fahren. Während die Seitenneigung immer bedrohlicher wird überlege ich, ob es nicht besser gewesen wäre, bis ganz hinunter zu fahren und neu anzusetzen. So machen wir es dann auch.
Schöne Ausblicke gibt es immer noch, aber wir kommen alle drei nicht mehr zum genießen. Auch zum Fotografieren kommen wir nicht mehr.
Am Ende sind wir froh, heil wieder raus zu sein.
Die Tour lässt sich insgesamt auch als Off-Road-Anfänger fahren, für unseren Geschmack war es einfach schon einen Tick zu heavy. Der untermotorisierte Hilux mit zwei Dachzelten gab auch kein entspanntes Gefühl.
Am späten Nachmittag kommen wir wieder am Klipdam-Camp an. Während sich die Familie einrichtet, breche ich noch einmal auf, auf der Suche nach einem geeigneten Standort für Fotos zum Sonnenuntergang. Es ist schwierig, etwas Brauchbares zu finden. Ich steuere eine kleine Hügelkuppe an und finde mit ein paar kleinen Felsen am Hang gerade noch rechtzeitig eine nette Stelle. Als ich ins Camp zurück kehre, ist es schon stockdunkel.
Der Platz selber ist einfach aber okay, nur der Marsch zur Toilette (die dafür mit netter Aussicht) ist im Dunkeln etwas lang.
Isabis mit seinem 4×4-Trail fällt wieder in die Kategorie zu hoch gesteckter, verfehlter Erwartungen. Eigentlich schade. Ginge man entspannter, ohne hoch gesteckte Erwartungen und mit den Lobeshymnen der anderen im Ohr an solche Dinge heran, würde dar Erlebniswert eher höher, die Begeisterung ehrlicher und die Enttäuschungen viel seltener.
18. August
Die Nacht ist sehr mild und da wir nur eine kurze Strecke vor uns haben (ursprünglich war ja der halbe Trail noch geplant gewesen), genehmigen wir uns noch eine halbe Stunde dösen über das Weckerfiepen hinaus. Der Morgen ist sehr warm, aber der Himmel ist dunstig und die Sicht eher schlecht. Nach dem Frühstück geht es einen Teil der Strecke wieder zurück und dann Richtung Spreetshoogte Pass. Hinter Nauchas halten wir noch einmal an und ich telefoniere mit dem Vermieter wegen des Fahrzeugtausches in Swakopmund. Es soll nun nur der Tank ausgetauscht werden, auch gut. Dazu würde am Dienstag früh jemand das Fahrzeug von der Pension abholen und dann zum Mittag wieder zurückbringen.
Die Sicht vom Pass wäre spektakulär, wenn es nicht so lausig diesig wäre! Das fotografische Glück früherer Jahre scheint uns auf dieser Tour echt abhanden gekommen zu sein! Die Steigungen (also aus unserer Sicht ja das Gefälle) sind tatsächlich ganz beträchtlich. Die Einmündung der Farmstraße ins Tsondab Valley liegt genau gegenüber der Einmündung der Straße, auf der wir vom Pass herunterkommen. Wir wollen aber vorher noch einen Abstecher nach Solitare machen, die Bäckerei ist ein Hort des Tourismus. Ein wohlbekannter Overlander hatte seine Italienische Fracht in die Bäckerei ergossen. Als wäre das noch nicht genug, ergänzte noch eine Schar deutscher Touristen die Warteschlange. Die Apfelpastete ist wirklich gut, aber legendenbildend ist eher die Tatsache, das hier überhaupt eine Bäckerei ist. Ich persönlich fand die Apple Pie in Sessriem leckerer, wobei das natürlich immer von den verwendeten Äpfeln und der Tagesform des Bäckers abhängt. Die ATM ist defekt und der Store hat zwar eine große Souvenirabteilung, ist ansonsten aber spartanisch im Sortiment. Den größten Platz nehmen noch die Kühlregale für die Getränke ein. Bevor wir wieder fahren, tanken wir noch 30 Liter.
Die Landschaft, die uns auf der Fahrt ins Tsondab Valley erwartet, ist grandios! Wunderbare goldene Weite. 18 km holpert man durch die Savanne bis zum Farmhaus. Dort werden wir sehr freundlich empfangen. Wir bekommen die Sanitäranlage erklärt und können uns einen der drei (oder waren es 4?) Plätze aussuchen. Da hätten wir fast alles für uns gehabt, aber kurzfristig hätten sich noch 6 Leute angesagt. Sie macht noch eine kurze Bemerkung zu unserer langfristigen Vorbuchung und überlässt uns dann uns selbst. Wir entscheiden uns für Platz 1, ganz vorn. Der Ausblick ist wirklich großartig und so genießen wir, dass wir schon recht zeitig am Tag hier waren.
Die Sanitäranlagen sind recht originell in eine kleine felsige Stufe gebaut. Ist die Dusche in Benutzung, dreht man eine Steinplatte am Zugang auf die „busy“ Seite. Nach vorn sind die Duschen offen und eröffnen einen grandiosen Blick. Definitiv die schönste Dusche, die ich je hatte 🙂 Das testen wir natürlich ausgiebig am Nachmittag, als es auch noch so warm ist, das man beim Abtrocknen nicht fröstelt. Das mit dem Busy-Stein am Zugang funktioniert gut, das Kleinflugzeug, das im Tiefflug eine Ehrenrunde ums Farmhaus dreht, muss ihn aber übersehen haben 🙂
Tsondab Valles ist der schönste Zeltplatz, das steht für uns fest – bis 18:00 Uhr, dann ist die Idylle vorbei. Der Generator der Farm brummt ungedämpft zu uns herüber.
Am Abend ist es leider sehr diesig zum Fotografieren. Das erspart mir, weiter darüber zu sinnieren, ob es nicht besser gewesen wäre, zu fuß (selbst herumfahren darf man nicht) in die kleinen Dünen auf der gegenüberliegenden Seite zu laufen. Immerhin geht durch den Dunst die Sonne rotleuchtend hinterm Zelt unter. Das frische Brot aus Solitare schmeckt gut zum Grillen und es wäre ein perfekter Afrika-Abend, wenn nicht das Gebrumme des Generators wäre. (Der läuft bis nach 23 Uhr. Und ja, ich habe Verständnis, dass die Farm Strom braucht. Einen Generator sollte man auf einer so großen Farm aber günstiger platzieren und besser dämpfen können, als im Schuppen hinterm Haus mit offenen Türen.)
19. August
Der Morgen ist warm (T-Shirt Wetter), aber leider ebenso diesig wie der Abend zuvor. Alle Pläne zum Fotografieren mit dem Morgenlicht haben sich damit erledigt. Wir frühstücken in aller Ruhe, packen zusammen und fahren dann noch einmal nach Solitare (weniger wegen des Apfelkuchens, sondern vor allem wegen des Brotes). Dort herrscht noch mehr Andrang als gestern. Zimtschnecken (die eigentliche Entdeckung des Vortages) gibt es heute leider nicht, aber wir decken uns mit mehreren Sorten Brot ein.
Auf der Straße bis zum Kuiseb ist die Hölle los. Es rush-hourert heftig. Mehr Verkehr als sonst im ganzen Urlaub. Gut, es ist Sonntag. Aber mit so viel Verkehr macht es keinen Spaß. Zumal einige Überholmanöver echt unpassend sind. Kein Wunder, wie Namibia zu seinen Verkehrstoten kommt! Am Wendekreis stauen sich so viele Autos am Straßenrand, dass wir schon glaubten, es hätte einen schweren Unfall gegeben. Ab dem Abzweig der permitpflichtigen Nebenstraße ist aber alles wieder bestens! Die Strecke ist toll und viel abwechslungsreicher, als wir befürchtet hatten (ganz besonders im Vergleich zur Hauptroute in Richtung Walvis Bay).
Wir sehen Springböcke, Strauße und Warzenschweine und ein kleiner Schlenker, weil wir die Abkürzung verpassen, bringt uns noch vier Giraffen. Die Strecke über Groß Tinkas bleibt kurzweilig schön und, obwohl als zwingend 4×4 angegeben, immer völlig entspannt zu fahren. Leider braucht der Abstecher zum Felsbogen viel Zeit, die uns an der Blutkuppe fehlt. So kommen wir erst gegen 16 Uhr am Platz 9 zum Stehen, nach dem wir, ich dabei zunehmend gehetzt, weil das Licht sonst weg ist, uns noch ein paar Plätze angeschaut haben. Zwischendurch ist der Sand stellenweise recht tief, da muss sich das Auto schon anstrengen. Mir sitzt nun sehr die Zeit im Nacken, das Licht ist ohnehin schlecht, es ist viel zu dunstig für gute Mitlichtaufnahmen. Da sind wir nun an der Blutkuppe und aus den Bildern vom rot leuchtenden Granit wird auch in diesem Jahr wieder nichts.